Prof.em.Dr.Rainer Wohlfeil, Hamburg:
Die Katholischen Könige und die Franco-Diktatur.
Die Katholischen Könige, als Sinnpotential gespiegelt
in der Ideologie der Franco-Diktatur.
Anläßlich der 500. Wiederkehr der Entdeckung Amerikas gedachte Spanien auch in Sondermünzen dieses Ereignisses. Vier Serien (1989-1992) mit jeweils fünf Gold- und sieben Silbermünzen1 orientierten sich an den Nominalen des Währungssystems, das von den Katholischen Königen, Isabella I. (1451-1504) und Ferdinand V. von Kastilien (1452-1516; als König von Aragón Ferdinand II.), 1497 grundlegend reformiert worden war2. In der ersten Serie zeigt die höchstwertige Nominale, eine Goldmünze zu 80.000 Pesetas, geprägt nach dem Vorbild der ‚Onza‘, der Münze zu 8 Escudos, auf der einen Seite Juan Carlos I. und Sophia – das gegenwärtige Königspaar. Die Ehepartner blicken sich gegenseitig an3. Die andere Seite enthält ein Doppelporträt der Katholischen Könige in ähnlicher Position, entnommen dem Bild auf ihrer Goldmünze ‚Excelente de oro’4.
Das Doppelporträt des heutigen Königspaares ist eine Hommage an die geachteten Persönlichkeiten, zugleich aber eine sinnentleerte Übernahme einer frühneuzeitlichen Herrschaftsbekundung. Unter konstitutioneller Fragestellung eignet dem Bild von 1989 keine Aussage, staats- und verfassungsrechtlich relevant ist nur der König. Isabella I. und Ferdinand V. sind im Kontext des Jubiläums von 1992 vornehmlich historisch eingebracht, während ihre Bildnisse und Embleme im Zeichen der Diktatur des ‚Caudillo‘, des Generals Francisco Franco y Bahamonde (1892-1975), als Sinnpotential ideologisch und politisch genutzt wurden. [ … ]
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bibliografischer Hinweis – svz 82
Rainer Wohlfeil: Die Katholischen Könige und die Franco-Diktatur, in:
Zeitenspiegelung. Zur Bedeutung von Traditionen in Kunst und Kunstwissenschaft.
Festschrift für Konrad Hoffmann zum 60. Geburtstag am 8. Oktober 1998,
hg. von Peter K. Klein und Regina Prange, Bonn 1998, S. 61 – 72
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Zur Erklärung dieser These werden einleitend einschlägige Grundzüge der Herrschaft der Katholischen Könige aufgezeigt (I). Sie fand politisch und verfassungsrechtlich ihren verbildlichten Ausdruck in einer Staatssymbolik, die unter Franco reaktiviert wurde, indem sich das Regime ihrer Sinnzeichen als Zitate bediente. Die Analyse und Deutung der Embleme auf Münzbild und Wappen der Katholischen Könige (II) sind eine Voraussetzung, um die Frage zu beantworten, welcher Sinn ihrer Verwendung auf Banknoten und Münzen des Franco-Staates eignete5. Diese zeigten seit 1937 Herrschaftszeichen und Bilder jenes Königspaares. Sie werden im dritten Teil vorgestellt (III) und abschließend hinsichtlich ihrer ideologischen Aussage und politischen Relevanz im Kontext der Diktatur interpretiert (IV).
I
Isabella von Kastilien heiratete 1469 gegen den Willen ihres Halbbruders, König Heinrich IV. (1425-1474), ihren Vetter Ferdinand von Aragón. Nach dem Tod des Königs seit 1474 Königin, erkämpfte sich Isabella die Herrschaft in einem Reich, das im 15. Jahrhundert sehr starke Wirren durchlebt hatte. Ferdinand trat die Regierung über die Krone Aragon 1479 an. In Kastilien bestand der anomale Fall, daß zwei Könige mit jeweils fortlaufenden Herrscherzahlen gemeinsam ein Reich regierten6. Schon aus diesem Sachverhalt erhellt, daß ihr gemeinsames Königtum höchsten sehr bedingt aus einer mittelalterlich-visionären Idee von einer Einheit Spaniens folgerte oder gar Ergebnis einer zielbewußten Einigungspolitik war, sondern sich aus den besonderen Bedingungen ergab, unter denen beide Thronanwärter gelebt hatten. Dem entsprach, daß Ferdinand nach dem Tode der Königin geneigt war, einem Sohn aus seiner zweiten Ehe mit Germaine de Foix (1488-1538) die Krone Aragón zu übertragen. Das Königspaar hat jedoch durch seine gemeinschaftliche Regierung, vor allem die gemeinsamen politischen und militärischen Unternehmungen, Grundlagen für die absolutistisch geprägte Herrschaft der Krone Kastilien, für eine bereits seitens europäischer Staaten als ’spanisch‘ verstandene Großmachtstellung unter den ersten habsburgischen Monarchen und für die wesentlich spätere Vereinigung der staatsrechtlich unter seiner Herrschaft noch getrennten Kronen Kastilien und Aragon zur Krone Spanien gelegt. Dennoch haben die Katholischen Könige trotz entschiedener Stärkung der monarchischen Autorität und stetig steigender Bedeutung als europäischer Machtfaktor zu keiner Zeit einen nationalen Einheitsstaat zu verwirklichen angestrebt, beachteten verfassungsrechtlich vielmehr streng die ‚fueros y costumbres‘ der in ihrer Bi-Personal- bzw. Matrimonialunion zusammengeschlossenen Kronen, erkannten den ‚Regionalismus‘ der Länder uneingeschränkt an. Ein Zeugnis dessen waren auch die unterschiedlichen Münzen: Neben der Krone Kastilien gaben u. a. Aragón, die Balearen, Katalonien, Valencia und später Navarra landeseigene Prägungen aus7.
Grundlegend für die gemeinsame Regierung waren der Heiratsvertrag von 1469 und vor allem ein in Segovia 1475 getroffenes Abkommen. In ihm wurden die Regierungsrechte Isabellas als „legítima heredera y sucesora del Reino de Castilla“ und Ferdinands als „legítimo marido de la reina“ festgelegt. Aber – erfolgreich war ihre Politik vor allem infolge des guten Einvernehmens der Ehegatten, die sicherlich aufgetretene unterschiedliche Meinungen nach außen hin nicht bekannt werden ließen. Es ist dem Historiker fast unmöglich, im einzelnen Fall zu verorten, auf welchen der beiden Herrscher ein Beschluß zurückging. Die Kronen Kastilien und Aragón waren über die persönliche Bindung ihrer Herrscher verknüpft – eine Bindung in Gleichberechtigung, die sich in ihren Titeln ebenso wie in der Devise „Tanto monta, monta tanto – Isabel como Fernando“, in Herrschaftszeichen und in Emblemen ausdrückte. „Es ist einerlei“, wie sich ihr Wahlspruch sinngemäß übersetzen läßt, war vielseitig verwendbar, bezog sich auf das „mandar, guerrar, regir, e senorear a uno con ella“ ebenso wie auf die Deutung eines Sinnzeichen des Königs. Ausdrucksformen ihres Bekenntnisses zur gemeinsamen Herrschaft finden sich bei komplexem herrschaftlichen Zeichensystems u. a. im Staatswappen und auf Münzen8.
II
Der ‚Excelente de oro‘ weist als Münzbild die einander zugewandten gekrönten Büsten des Königspaares auf. Sie werden am Rand von der Inschrift ‚FERNANDVS ET ELISABET D(EI) G(RATIA) REX ET REGINA CAS(TILLA)‘ umrahmt9. Die Gegenseite der höherwertigen Nominalen zeigt den nimbierten Adler des Johannes, der einen überkrönten gevierteilten Schild mit den Wappen von Kastilien-León, Aragón-Sizilien und Granada hinterfängt10. Dieses Staatswappen umschließt die Inschrift ‚SVB VMBRA ALARVM TVARUM PROTEGE NOS‘11. Auf niederen Nominalen findet sich nur die Wappen von Kastilien und León, umfangen von der Inschrift ‚QVOS DEVS CONIVNXIT HOMO NON SEPARET‘12. – In den Silbermünzen schlug sich seit 1497 die spezifische Herrschaftssymbolik des Königspaares ebenfalls nieder. Die Prágmatica schrieb u .a. die Darstellung eines Jochs mit Seil und ein Pfeilbündel vor13.
Alle benannten Zeichen vereint das Staatswappen14. In seiner bekanntesten Ausführung hinterfängt bei der ursprünglichen Form der nimbierte Adler des Apostels Johannes als Schildhalter den Wappenschild, der nach oben mit einer offenen Krone abgeschlossen ist. Das Wappen ist auf kastilische Art gevierteilt. In den einander gegenüberliegenden Feldern 1 und 4 sind die Zeichen für Kastilien (Kastell) und León (gekrönter Löwe) eingebracht, in den Feldern 2 und 3 für Aragón (vier Pfähle, eigentlich Wappen der Grafschaft Barcelona) und Aragón-Sizilien (Schräggeviert von Aragón und staufischer Adler). Neu der Krone einverleibte Königreiche wurden mit ihren Wappen später hinzugefügt, nach 1492 Granada (Granatapfel) am unteren Rand in einem geschwungenen Dreieck, Neapel und Navarra nach ihren Inkorporationen in das quergeteilte Feld 2: linksseitig Aragón quergespalten mit Navarra (Kettennetz), rechtsseitig in der Länge gespalten Jerusalem (Krücken- kreuz) mit Ungarn (Turnierkragen). Der untere Teil des Wappens enthält zwei Devisen – das Pfeilbündel und das Joch mit einem Seil, dazu das Motto ‚TANTO MONTA‘15.
Der Adler des Johannes mit Heiligenschein war das Emblem Isabellas. Nach ihrer Eheschließung trat ein Bündel aus Pfeilen hinzu, deren Spitzen nach unten gerichtet sind, das Bündel umschlungen von einem Seil16. Es symbolisierte die Vereinigung der Kräfte, weil eine derartige Bündelung als Ganzes nicht zu zerbrechen ist. Außerdem entsprach der Anfangsbuchstabe des Wortes ‚flechas‘ (Pfeile) dem erstem Buchstaben des Namens ihres Gatten. Joch17 und Seil, das als durchschlagener gordischer Knoten interpretiert wurde, symbolisierten – vor allem letzteres – den Leitsatz, daß der politischen Aktion der Vorrang gebühre; dabei sei es einerlei – zu deuten hier über die Devise ‚tanto monta‘ – ob der Knoten aufgeknüpft oder durchschlagen werde. Außerdem spielte der Anfangsbuchstaben des Wortes ‚yugo‘ (Joch) auf den ersten Buchstaben des Namens ‚Ysabel‘ an. Der zentrale Wappenschild wurde in seinen Grundzügen zum Ursprung des gegenwärtigen spanischen Staatswappens. Festzuhalten bleibt, daß auf Münzen und Staatswappen über Doppelbildnis und Embleme das beschriebene bi-personale Herrschaftsystem des Königspaares versinnbildlicht war, nicht aber ein Einheits- und nationaler Machtsstaat symbolisiert wurde.
III
Parallel zu Einführung der Peseta als nationaler Währung wurde das spanische Geldsystem in Anlehnung an die Lateinische Münzunion von 1865 endgültig auf das Dezimalsystem ausgerichtet. Auf dieser Grundlage besaß Spanien bis zum Beginn des Bürgerkrieges von 1936 einheitliche Banknoten und Münzen. Diese Einheit wurde spätestens zerstört, als die Regierung der Aufständischen zu Burgos unter dem Datum 13. November 1936 mit der Emission einer sog. nationalen Peseta als der Währung des ‚wahren‘ Spaniens begann. Es wurden vor allem Banknoten ausgegeben18, von denen hier die niedrigen Nominale berücksichtigt werden: Sie waren unter der gesamten Bevölkerung in stetem Umlauf und daher als ‚Ideologieträger‘ besonders geeignet. Niedrigster Wert war die Banknote zu einer Peseta, in zehn Emissionen bis 1953 verausgabt19.
Gemäß Dekret vom 1. Oktober 1936 wurden als Symbole „las flechas y el yugo, símbolo de la unidad espanola a suprema galardón“ in das Staatswappen aufgenommen und sollten auf den neuen Münzen erscheinen20. Die erste Banknote zu einer Peseta – Emission am 12. Oktober 1937, versehen mit der zusätzlichen Zeitangabe ‚II ANO TRIUNFAL‘ – enthielt jedoch nur einen ovalen Wappenschild mit einer geschlossenen Krone, umrahmt von Kette und Widderfell des Ordens vom Goldenen Vlies: das Wappen des im Exil befindlichen Königshauses21. Das Dekret wurde erst bei den nächsten zwei Emissionen vom 28. Februar und 30. April 1938 verwirklicht, ebenfalls unter dem Motto ‚II ANO TRIUNFAL‘22. Beide Banknoten zeigen das neue Staatswappen, hinterfangen von dem nimbierten Adler des Apostel Johannes als Schildhalter und eingerahmt von den Säulen des Herakles mit der Devise ‚PLVS VLTRA‘23, zwei Sinnzeichen, die Karl V. (1500-1558) in sein Staatswappen eingefügt hatte. Der Wappenschild enthält die Wappen von Kastilien, León, Aragón, Navarra und Granada. Oberhalb der Adlerschwingen flattert ein Spruchband mit dem Wahlspruch ‚VNA GRANDE LIBRE‘24. Zu beiden Seiten seiner Schwanzfedern sind Joch und Seil sowie ein Bündel von fünf nach unten gerichteten Pfeilen, umschlungen von einem Seil, eingebracht. Dieses Staatswappen wurde bei der vierten Ausgabe vom 1. Juni 1940 auf die Rückseite verlegt25, auf der Vorderseite beginnen Bilder die Banknoten zu schmücken. Die sechste Emission vom 21. Mai 1943 bildete linksseitig König Ferdinand in Dreiviertelprofil ab26. Die Randleiste enthält in zweifacher Ausführung alle Wappenbilder des Staatswappens sowie Joch und Pfeilbündel. Ihrem Gatten folgt auf der Vorderseite der siebten Emission vom 15. Juni 1945 Königin Isabella27. Die weiteren Banknoten können übergangen werden28. Isabella wurde außerdem auf der fünften Emission der Banknoten zu fünf Pesetas (13. Februar 1943) abgebildet29 und war auch auf deren sechster Emission (15. Juli 1945) zu sehen30. Beide Ausgaben enthalten zudem die bekannten Wappen einschließlich Joch und Pfeilbündel. Ihre letzte Abbildung fanden die Katholischen Könige gemeinsam auf der achten Emission einer Banknote zu 1000 Pesetas vom 29. November 1957, deren Rückseite ihr Staatswappen und ihre Embleme aufweist31. Das Staatswappen des Franco-Regimes mit Joch und Bündel und / oder ein Sonnensymbol waren auf den Vorderseiten anderer Banknoten zumindest schemenhaft dem Schriftbild unterlegt32.
Daß Banknoten niederer Nominale mit verschiedenen Bildern ausgegeben wurden, ist ursächlich in erster Linie damit erklären, daß Geldscheine, die in ständigen Umlauf waren, sehr schnell unansehnlich und unbrauchbar wurden. Der Sachverhalt wurde genutzt, Banknoten bildlich in den Dienst der Propaganda gestellt. Vom Beginn des Bürgerkriegs an lag den Banknoten beider Seiten ein ideologisches Programm zugrunde – für die Republik die Aussage, den spanischen Staat und seine Geschichte demokratisch legitim zu repräsentieren33. Seitens des Franco-Regimes dienten die Banknoten der Aufgabe, den Staat unter Rückgriff auf Personen und Ereignisse einer als spezifisch national begriffenen Geschichte zu legitimieren.
Daß Franco ein anderes Spanien anstrebte als das der unmittelbaren Vergangenheit, offenbarte auch die erste Münze34. Geprägt 1937 in Wien als Wert zu 25 Céntimos, zeigt die mittseits gelochte Münze auf der Bildseite den Landesnamen ‚ESPANA‘ und die Devise ‚VNA GRANDE LIBRE‘ auf einem Kranz von Strahlen, die von der Lochung gleich einer Sonne ausgehen, das Joch und fünf gebündelte Pfeile zusammengefaßt in einem Emblem, das Datum des Ausgabejahrs mit dem Zusatz ‚II ANO TRIVNFAL‘. Die Pfeile zeigen nach oben35.
Eine Münze zu einer Peseta wurde erstmals 1944 geprägt36. Der Münzwert ist von einem arabesken Kranz aus den bekannten Wappen und dem zusammengefügtem Joch und Bündel von fünf aufwärts gerichteten Pfeilen umschlossen, das Wappen des Regimes auf der Gegenseite zu sehen.. Daß dieses Münzbild mit seiner klaren ideologischen Aussage nur einmal verwendet wurde, dürfte in der staatsrechtlichen Verlautbarung vom 1. April 1947 begründet sein, die Spanien zur Monarchie mit dem Caudillo als Staatschef auf Lebenszeit erklärte.
Unter dem formellen Ausgabejahr 1946 erschien auf den Münzen eine Kopfbüste des Staatschefs37. Mit fünf Emissionen zu einer Peseta wurde jenes schlichte Bildprogramm eröffnet, das im Dienst der Restauration einer Monarchie unter der Führung von Franco stand. Zum ersten Male erscheint als Umrahmung der Kopfbüste die Umschrift FRANCISCO FRANCO CAUDILLO DE ESPAÑA POR LA G.(RACIA) DE DIOS. Die Formulierung ‚POR LA GRACIA DE DIOS‘ war ein eindeutiges Bekenntnis zur Ableitung der Herrschaftsgewalt aus göttlichem Recht unter Ablehnung der Lehre von Volkssouveränität und Gesellschaftsvertrag. Zugleich läßt sie sich als Bekenntnis zum monarchischen Prinzip interpretieren.
Alle Münzen offenbarten zweifelsfrei, daß sie nicht nur Zahlungsmittel waren, sondern selbst in der Form von Scheidemünzen zu 5 und 10 Céntimos der Selbstdarstellung und Legitimation des Franco-Regimes dienten. Ausgegeben am 11. Februar 1941 zeigen sie auf der Bildseite u.a. einen Lanzenreiter und die Inschrift ‚ESPAÑA‘38. Der Lanzenreiter entspricht in modifiziertes Form jenem ‚iberischen Lanzenreiter‘, der auf Münzen während der römischen Herrschaft das offenbar auf As und Denar am weitesten verbreitete Münzbild war. Hier wurde zugleich voll das Wappen der Katholischen Könige einschließlich ihrer Embleme Joch und Pfeilbündel reaktiviert, ergänzt durch die Säulen des Herakles und die Devise ‚PLUS ULTRA‘ sowie die zwischen Krone und Adler auf einer geschwungenen Banderole eingebrachte Devise ‚UNA GRANDE LIBRE‘39.
Abweichend von den Münzen mit Francos Porträt war nur die von 1949 bis 1965 verausgabte Münze zu 50 Céntimos40. Die mittseits durchlochten Prägungen zeigen auf der Bildseite u.a. die Inschrift ‚ESPANA‘ und als Symbole Anker, Tau sowie Steuerrad – Sinnbilder für Spanien als Seefahrernation. Die andere Seite enthält neben der Wertangabe das Staatswappen mit Joch und Pfeilbündel, wobei auf der ersten Ausgabe die Pfeile analog zur Gestaltung des Pfeilbündels unter den Katholischen Königen nach unten gerichtet sind.
Im Laufe weiterer Emissionen sind Porträt und Staatswappen leicht abgewandelt worden41; ab 1957 wurden die Säulen des Herakles vor einem schräg hineingesetzten Adler des Hl. Johannes eingebracht42. Alle Münzen ab dem Wert zu 25 Pesetas enthielten auf dem Münzenrand statt der Strichkändelung bei den niederen Nominalen den Leitspruch * UNA ** GRANDE ** LIBRE*. Er verschwand erst mit der Kursmünzenausgabe von 1982 unter Juan Carlos I. Einzige Silberprägung war von 1966 bis 1970 eine 100-Pesetas-Münze43, deren Bildseite in Franco-Porträt und Titelei den gleichzeitigen Kursmünzen entspricht, die abweichende Wertseite aber ein gekröntes fünffeldiges Wappen und am Außenrand Joch und Pfeilbündel enthält.
Mit dem Regierungsantritt König Juan Carlos I. im Jahre 1975 begann sich der Wandel des Staatswesens auch auf neuen Münzen auszudrücken. Die Kursmünzen zeigten bildseitig das Porträt des neuen Staatsoberhauptes, der wegweisende Wandel vollzog sich im Verständnis und Sinne der politischen ‚transición‘ auf der Wertseite. Seit 1975 trägt die Bildseite der Kursmünzen das Porträt, das Ausgabejahr und die Titelumschrift ‚JUAN CARLOS I REY DE ESPANA‘. Die Münze zu fünf Pesetas deutete auf der Rückseite den Wandel an: Das gekrönte spanische Staatswappen enthielt im Mittelschild das bourbonische Emblem der Lilien, umrahmt von der Ordenskette des Goldenen Vlieses und unterlegt mit einem Adreaskreuz, jedoch blieben bis 1989 noch Joch und Pfeilbündel erhalten44. Nach und nach verschwanden der Adler des Johannes, die Devise ‚UNA GRANDE LIBRE‘ sowie zuletzt das Joch und das Pfeilbündel aus dem Münzbild45. Eine neue Kursmünzenserie seit 1982 zeigte den vorsichtig, mit politischer Klugheit vollzogenen Wandel46. In abgemessenen Schritten befreite sich Spanien vom Erbe Francos.
IV
Nach Francos Verständnis legitimierte sich sein autoritär-hierarchisches Regime aus dem Sieg im Krieg der ‚beiden‘ Spanien – interpretiert als ein Kreuzzug gegen die Kräfte des ‚Anti-Spanien‘, wurde der Anspruch erhoben, Spanien in unmittelbarer Anknüpfung an seine ruhmvolle Vergangenheit aus Dekadenz und vor dem Versinken im Strudel des Internationalismus errettet zu haben und zu nationaler Einheit und Größe zurückzuführen. Dieses ’neue Spanien‘ leitete sein reaktionäres Sinngefüge aus militärischen Vorstellungen, aus konservativer Tradition, aus katholischem Konfessionalismus und teilweise auch aus der ‚Weltanschauung‘ der Falange her. Ihre Ideologie47 zielte auf die Wiederherstellung der ehemaligen Größe Spaniens ab und war einem Nationalismus im Verständnis einer ’schicksalhaften Einheit Spaniens‘ verhaftet, der Regionalismus und erst recht Separatismus als ‚unverzeihliches Verbrechen‘ strikt verwarf; diese Ideologie berief sich auf die katholische Konfession als die dem Spanier ureigene Religion und verfocht – wenn auch unklare – imperialistische Vorstellungen. Nicht zuletzt bekundete die Falange ein uneingeschränktes Bekenntnis zu militärischen Werten. Historisch sahen vor allem Ramiro Ledesma Ramos (1905-1936) und sein Umfeld in den Katholischen Königen ein Vorbild verkörpert, deren ruhmreiche Herrschaft sie als Beispiel der Größe Spanien ständig beschworen, etwa in der Formulierung „Unter Isabella und Ferdinand waren wir die erste Nation der Welt, in der Staat und nationales Wollen zu einer unauflösbaren, dauernden Wesenseinheit verschmolzen.“ Die Bezeichnung ‚Katholische Könige‘ wurde als politischer Begriff instrumentalisiert, der ihre Herrschaft als eine Zeit eines „sentido nacional y militar“ erscheinen ließ. Verkörpert sahen sie den Begriffsgehalt in den Sinnzeichen Joch und Pfeilbündel – dem ’símbolo de unidad espanola‘ . Diese Embleme wurden erstmals, wohl angeregt durch Juan Aparicio López (*1906) dem Titel der Zeitung ‚La Conquista del Estado‘ beigefügt48, danach zu Emblemen der Falange erhoben. Für die Mitglieder der ‚Bewegung‘ waren sie einerseits Sinnbilder für die von ihnen geforderte Disziplin und Angriffsbereitschaft49. Im Zeichen falangistischer Zukunftsbewältigung sollten sie andererseits durch die Beschäftigung mit der Vergangenheit Sinn stiften, dienen als kraftgeladene Zeichen. Sie standen für einen übersinnlichen Begriff – für das ewige Spanien. Diese Idee fand einen weiteren Ausdruck in dem Leitspruch ‚Espana una, grande y libre‘ (Ein Spanien, groß und frei), den die JONS – Juntas de Ofensiva Nacional-Sindicalista – bei ihrer Vereinigung mit der Falange einbrachten.
Als die Falange nach Ausbruch des Bürgerkrieges 1937 von Franco in eine einheitliche Staatspartei überführt wurde, die sich von zahlreichen falangistischen Vorstellungen trennte, übernahm das Regime ihre Embleme und ihren Leitspruch. Daß eine solche Identifikation nicht von Anfang an gegeben war, offenbart die erste Banknote50. Dem neuen sinnstiftenden Deutungs- und Ordnungspotential war nicht mehr ein Bezug zur Restauration der vergangenen Monarchie, sondern ein Bekenntnis zur sogenannten ruhmreichsten Vergangenheit Spaniens zu entnehmen. Auf der Grundlage einer Beschäftigung mit den Katholischen Königen wurde über manipulierte Tradition ein Geschichtsbild freigesetzt und beschworen, dessen Leistungsfähigkeit darin gesehen wurde, daß Franco gleich den Katholischen Königen unwandelbaren traditionalen Werten und Normen verpflichtet erschien und verantwortlich war einzig vor der Geschichte und vor Gott – allgegenwärtig sichtbar in der Formulierung ‚POR LA GRACIA DE DIOS‘.
Wenn Ladero Quesada 1992 festgestellt hat, daß das Zeitalter der Katholischen Könige für die spanische Geschichtswissenschaft stetig von besonderem Interesse war, „aber auch zu anachronistischen und nationalistischen Interpretationen Anlaß gegeben“ habe51, so gilt diese Aussage nicht zuletzt für die Zeit des Franco-Regimes. Das leitende Erkenntnisinteresse wurde nicht selten vom politischen Legitimationsbedürfnis der Diktatur beeinflußt. Nach seinem historischem Selbstverständnis vollendete der Diktator jene Politik, die unter den Katholischen Königen zwangsläufig und unvermeidlich zum spanischen Nationalstaat geführt habe – zu jener Einheit und Einigkeit, die besonders die im Bürgerkrieg bekämpfte Republik sträflich preisgegeben hätte. Es war jedoch anachronistisch, von einem Einheitsstaat um 1500 zu sprechen, in dem sich der am stärksten zentralisierte Staat, den die Spanier jemals über sich ergehen lassen mußten, hätte gespiegelt sehen können. Dieser historische Sachverhalt schließt nicht aus, daß sich das Regime durch die Katholischen Könige rechtfertigte, wenn es eine ständestaatlich organisierte Gesellschaft oder jenen „extremen religiösen und geistigen Konformismus“ zu restaurieren anstrebte, für den Isabella und Ferdinand mit der Zerstörung der Reste eines aus dem Mittelalter überkommenen, in Grenzen toleranten Zusammenlebens ethnisch und religiös verschiedener Menschen historische Verantwortung zugesprochen werden muß52. Das Regime legitimierte sich für den Diktator in erster Linie durch seinen militärischen Sieg über die gesellschaftlichen Kräfte, die als ‚Anti-Spanien‘ denunziert wurden. Ihn beschwor er kontinuierlich. Darüber hinaus aber sollten auch die nationalistischen und ideologischen Werte und Normen des Francismus, gefaßt in dem leicht abgewandelten falangistischen Leitspruch ‚UNA – GRANDE – LIBRE‘ historisch legitimiert erscheinen. Aber nicht nur dieses Motto wurde jedem Spanier im Staatswappen und vor allem auf Münzen tagtäglich präsentiert, sondern auch die Embleme der Katholischen Könige. Der Berufung auf sie eignete die Funktion, die Vorstellung zu vermitteln, einzuprägen und zu festigen, daß Isabella I. und Ferdinand V. in Franco und seinem System ihren kongenialen Nachfolger gefunden hatten, daß der Staatschef deren hehre Ziele stetig verfolge. Indem sich das Franco-Regimes hinsichtlich seiner politischen und gesellschaftlichen Funktion auf die Epoche um 1500 bezog, um dadurch die Diktatur auch historisch zu rechtfertigen, verfälschten Ideologen und willfähige Historiker nicht nur das Geschichtsbild, sondern strebten an, ihre Sicht einer vergangenen historischen Wirklichkeit als Baustein für eine gegen die Geschichte gerichtete manipulierte Traditionsbildung zu instrumentalisieren – ein Versuch, der den Widerspruch der Geschichtswissenschaft herausfordert53. Nicht historisch gegründet, sondern ideologisch vermittelt sah sich das Franco-Regime funktionell im Staat der Katholischen Könige gespiegelt.
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